Kultur # 8 (Marie und der elektrisch geladene Zaun…)

 

Kultur # 8

Marie unterbricht ihren Spaziergang und bleibt vor einem Zaun stehen. Er ist elektrisch geladen. Dahinter stehen Kühe mit übergroßen Eutern. Keine von ihnen kann sich vom Acker machen, denkt Marie. Keine von ihnen kann die eingeführte Domestizierung mit Hufen treten. Die Abläufe sind normiert. Ihr Leben ebenso. Maries Herz rebelliert. Sie wendet ihren Blick ab und geht weiter. Setzt ihren Spaziergang fort. In ihrem Kopf, wilde Vorstellungen von Befreiung.

Wünsche # 5 (Marie denkt, dass der Mann, der meinen Keller aufgebrochen hat…)

 

Wünsche # 5

Marie denkt, der Mann, der meinen Keller aufgebrochen hat und einfach alles, was da zu finden war, mitgenommen hat, wird sterben. Auch die Verkäuferin, die ungefragt sagte, ich solle bei den Brüsten doch wenigstens einen BH tragen, wird sterben. Und ebenso der Mann aus dem Bus, der mir nicht dabei helfen wollte, die große Holzplatte aus dem Bus zu heben, wird sterben. Marie stellt sich vor, dass das bei dem Mann aus dem Bus auch schon sehr bald sein könnte. Marie denkt, es gibt so Tage, die ertrage ich nur mit der Gewissheit, dass jeder Mensch einer Endlichkeit unterworfen ist.

Alltag # 12 (Sebastain erinnert sich an Anna…)

Alltag # 12

Sebastian denkt wieder und wieder und wieder an Anna. Er denkt vorallem an die schöne Zeit, die sie als Paar zusammen verbracht haben und ärgert sich. Andere können das doch auch, hält er sich vor, Erinnerungen zusammenknüllen und wegwerfen. So, als gehörten sie zum Altpapier. Als seien das alles nur Berichte, die man getrost der Vergangenheit überantworten kann. Aber er schafft das nicht, alle die Erinnerungen einfach dahin zu bringen, wo sie hingehören. In die Zeit, die bereits untergegangen ist.

Alltag # 13 (Marie und Fahrrad im Hinterhof…)

Alltag # 13

Noch vor ein paar Wochen verließ Marie, wenn sie ihr Fahrrad brauchte, einfach ihre Wohnung und ging in den Hinterhof hinunter. Ohne sich groß Gedanken zu machen, ging sie zu den Fahrradständern, öffnete das Bügelschloss, verstaute es im Korb und schob ihr Fahrrad aus dem Hinterhof. Diese Unbeschwertheit gibt es nicht mehr. Ist perdu. Nun verhält es sich so, dass Marie, bevor sie die Wohnung verlassen will, sich zuerst ans Küchenfenster stellt und in den Hof hinuntersieht. Die Lage checkt. Sie will herausfinden wer sich gerade im Hof aufhält. Und wenn dort der Mann steht, der sie immer in ein Gespräch verwickelt, geht sie nicht hinunter. Dann wartet sie solange, bis er nicht mehr dort steht oder nimmt die U-Bahn.