Kategorie: Zweites Set
Wünsche # 1 (Bitte schlaf…)
Wünsche # 1
Bitte schlaf mit mir nicht.
Ich # 3 (Dein Leben ist eine offene Frage…)
Ich # 3
Dein Leben ist eine offene Frage, die dir auch die Zeit nicht beantworten wird.
Alltag # 5 (HHH = Holder Himmel Handle)
Alltag # 5
HHH =
Hoden Haben Hunger
Haarebürsten Halbiert Herzklopfen
Haltbare Hasen Herzen
Handzame Hippies Hetzen
Holder Himmel Handle
Wünsche # 2 (Chloe…)
Wünsche # 2
Chloé schlüpft aus ihrem Mantel und setzt sich zu Pierre und Marie an den Tisch. »Das tut mir so leid, ich habe wirklich vorgehabt, euch alleine zu lassen. Und jetzt komme ich einfach hier her, und das, obwohl Pierre mit dir allein essen gehen wollte.« Eine Bedienung legt einen Packen Speisekarten auf den Tisch. Chloé sagt: »Ich kann es immer noch nicht fassen!« Pierre zieht eine Karte vom Stapel und blättert sie durch. Marie nimmt sich ebenfalls eine und sagt: »Kann es sein, dass du dich im Datum geirrt hast, vielleicht wird das Theaterstück an einem anderen Tag aufgeführt?« »Nein«, sagt Chloé, »das kann nicht sein, das Datum steht auf der Karte und die habe ich schon seit einer Woche!« Pierre will Chloé und Marie auf ein paar Vorspeisen einladen und fragt nach, ob sie damit einverstanden sind, wenn auch welche mit Fleisch dabei sind. Chloé und Marie nicken. Chloé sagt: »Ich bin zwar ins Gebäude reingekommen, aber nicht in den Saal. Was für eine Unverschämtheit!« Pierre schiebt Chloé die letzte Speisekarte hin und sagt: »Mein Schatz, du bist auch eine halbe Stunde zu spät dran gewesen!« Chloé schiebt ihre Armreifen zurück und sagt: »Ja, nur eine halbe Stunde.« Marie geht die vegetarischen Gerichte mit Tofu durch und merkt sich die Nummer hunderteins. Chloé kaut am Daumennagel und meint, dass ihr das noch nie passiert sei, obwohl sie oft zu spät komme. Aber bisher seien die Türen noch immer aufgegangen. Noch nie sei es dazu gekommen, dass sie wieder hätte gehen müssen. Eine Bedienung stellt eine mit Leitungswasser gefüllte Karaffe auf den Tisch und ineinander gestapelte Gläser. Pierre verteilt die Gläser. Chloé legt ihre Hände auf den verklebt wirkenden Kunstledereinband der Speisekarte und meint, sie habe im Theater sogar etwas gestohlen, so wütend sei sie gewesen. Und jetzt denke sie, was sie da bloß getan habe. Sie habe in ihrem ganzen Leben noch nie etwas geklaut. Wirklich noch nie. Marie fragt nach, was sie denn gestohlen habe. »Eine Flasche Wasser mit Birnen-Rosmaringeschmack.« Im Vorraum des Theaters habe es so einen kleinen Vorbau gegeben, so einen mit einer Glasscheibe vorne, so wie man das vom Kino her kenne. Und sie sei zu dem Häuschen gegangen um herauszufinden was los ist, warum sie nicht eingelassen wird. Und da habe sie bemerkt, dass die Tür zu diesem Häuschen offen war. Sie habe den Stuhl gesehen, die Jacke, die über dem Stuhl hing, und eine Tasche, die auf dem Boden stand. Die Tasche sei offen gewesen und aus der Tasche blitzte eine Glasflasche, und die habe sie sich genommen. »Ich habe einfach in die Tasche gegriffen und der Person, die dort arbeitet, das Wasser gestohlen! Und jetzt hat diese Person nichts mehr zu trinken.« Chloé zieht die Flasche aus ihrer Tasche und zeigt sie Marie und Pierre. Sie schraubt den Deckel ab und bietet an, die Gläser mit dem Wasser aufzufüllen. Pierre und Marie nicken.
Kultur # 3 (Es gibt Feinde …)
Kultur # 3
Es gibt Feinde mit Waffen und Feinde ohne Waffen. Die ohne sind mir lieber.
Alltag # 6 (Verwirrung ist nichts negatives..)
Alltag # 6
Verwirrung ist nichts Negatives. Daraus kann etwas entstehen. Klarheiten dagegen können katastrophale Folgen haben.
Wünsche # 3 (Ablieben…)
Wünsche # 3
Ich möchte mich gerne ablieben. Wahrscheinlich wäre ich schnell verbraucht.
Wünsche # 4 (Das Schlafzimmer ist eine arbeitsfreie Zone…)
Wünsche # 4
Das Schlafzimmer ist eine arbeitsfreie Zone. Außer, man betrachtet »Sex haben« auch als Arbeit.
Kultur # 4 (Manifesta palermo…)
Kultur # 4
Johannes flog für ein paar Tage nach Palermo. Er wollte die Manifesta besuchen. Am Abend seiner Ankunft besuchte er einen ehemals eleganten aber nun ziemlich heruntergekommen Palazzo. Das sonst leerstehende feuchte und unmöblierte Erdgeschoss wurde für die gesamte Zeit der Manifesta zu einer Galerie umfunktioniert. Johannes ging hin, weil dort heute Abend eine Eröffnung war. Als er ankam, genoss er sofort das raue Ambiente. Es gab keine Wandverkleidung, keine Tapeten, keinen Farbanstrich, nur grob verputze Wände. Im Durchgang zum Hof stand ein Tisch mit weißer Tischdecke. Darauf standen leere Weingläser, Wasserflaschen und Snacks. Und auf dem Boden stand ein Brunnen, aus dem Rotwein floss. Johannes fand die Kunst ansprechend und genoss den Small Talk mit dem Galeristen. Gerade als er dabei war mit ihm über das Konzept einer künstlerischen Arbeit zu sprechen, stellte der ihm Matteo vor. Matteo hatte große abstehende Ohren, dunkle wuschelige lockige Haare und dominierte sofort das Gespräch. Johannes störte das nicht. Das belebte nur seinen Abend. Nach ein paar Minuten erklärte Matteo, dass es morgen Abend im Botanischen Garten eine interessante Eröffnung gäbe. Johannes wollte wissen, was dort gezeigt werden würde. Ein asiatischer Künstler, entgegnete Matteo, der Videos gemacht habe, in denen junge Männer gezeigt werden, die versuchten mit Pflanzen Sex zu haben. Johannes schmunzelte. Matteo schlug vor, sich morgen Abend dort zu treffen. Er könne auch dafür sorgen, dass Johannes noch eine Einladung bekommt. Johannes war beeindruckt von dem Engagement und stimmte erfreut zu. Kurz danach verabschiedete sich Matteo von Johannes und flüsterte ihm noch etwas ins Ohr. Johannes konnte nicht verstehen was. Er sprach kein italienisch. Er stellte nur fest, dass es verführerisch klang. Wie fast alles auf italienisch. Eine Stunde später erhielt Johannes eine Nachricht von Matteo. Er teilte ihm mit, in welcher Bar er gerade war. Sobald Matteo wieder den Ort wechselte, schickte er Johannes erneut einen Link. Johannes fand das süß und beantwortete jede SMS mit vielen Emojis. Am nächsten Tag stand Johannes im Palazzo Forcella de Seta vor einem Berg aus aufgeschüttetem Salz. Die Arbeit bezog sich auf die Sklaven, die in die Karibik entführt worden waren. Sie verzichteten auf Salz in ihrem Essen, um Körpergewicht zu verlieren. Sie hielten an der Vorstellung fest, dass sie mit weniger Kilos leichter nach Afrika zurückfliegen könnten. Als Johannes registrierte, dass neben dem riesigen weißen Berg leere Plastiktüten lagen, für den Fall, dass man Salz mitnehmen wollen würde, piepste sein Telefon. Er holte es aus seiner Hosentasche und sah, dass es eine Sprachnachricht von Matteo war. Johannes drückte auf play und hielt sein Telefon ans Ohr. Matteo wollte wissen, wie Johannes geschlafen hatte, und teilte ihm mit, dass er beim Einlass im Botanischen Garten, einfach nur den Namen Bartolini sagen sollte. Johannes war erstaunt, wie gut Matteo vernetzt war. Ihm würde es nicht gelingen, jemanden so schnell auf eine Gästeliste setzen zu lassen. Drei Stunden später stand Johannes am Einlass des botanischen Gartens. Vor ihm war eine lange Schlange. Als er an der Reihe war, erwähnte er den Namen Bartolini. Ein Mann ging eine Liste durch und schüttelte den Kopf. Johannes rief Matteo an und reichte das Telefon an den Mann in Uniform weiter. Johannes wurde durch gewunken und war erstaunt, welche Wirkung Matteos Worte auf den Mann am Eingang hatten. Er entdeckte Matteo in der Nähe des DJ-Pults, das unter einem großen Baum aufgebaut worden war. Musik war noch keine zu hören. Nur Gemurmel und das Geklimper von Gläsern. Johannes war erstaunt über die Vertrautheit, die zwischen ihm und Matteo herrschte. Sie kannten sich erst seit gestern und fielen sich schon alle Nase lang ins Wort, um anschließend in ein Lachen auszubrechen, weil sie feststellten, dass sie wieder einmal gleichzeitig sprechen hatten wollen. Matteo besorgte Johannes einen Drink und erzählte ihm, dass er Arzt sei und im Moment auf Lampedusa Flüchtlinge untersuche, dass er aber vorhabe damit aufzuhören um Kunst machen zu können, das würde er interessanter finden. Deswegen habe er für den Herbst auch schon einen Kurs gebucht. Einen Workshop für Buchgestaltung. Matteo hoffte, dass das für ihn der richtige Einstieg sei. Nach einem weiteren Drink fragte Matteo Johannes, ob er ihn bald in Berlin besuchen kommen könne. Johannes spürte, wie sich mehr Wärme in seinem Körper ausbreitete und sagte, dass ihn das freuen würde. Freunde von Matteo tauchten auf und gesellten sich dazu. Das Zweiergespräch ging über in ein Gruppengespräch. Dann machten sie sich alle auf den Weg, die Videos von dem asiatischen Künstler zu suchen. Als sie die Monitore, abseits vom Weg, zwischen großen Pflanzen gefunden hatten, fiel es Johannes schwer zu bleiben. Winzige, kaum sichtbare Insekten stachen gnadenlos zu und hinterließen überall kleine rote Punkte. Auf den Unterarmen, auf den Unterschenklen, auf den Füssen, auch krochen sie unter den Stoff. Johannes hielt das nicht länger aus und verabschiedete sich von Matteo und seinen Freunden. Am nächsten Morgen schicke er Matteo eine SMS. Er schlug vor, sich am Abend auf einen Drink zu treffen. Johannes SMS blieb unbeantwortet. Einen Tag später unterbreitete Johannes Matteo erneut einen Vorschlag und schickte ihm während des Tages noch einige Fotos von Kunstwerken, die ihn beeindruckt hatten, und fragte auch nach, wie es ihm ging. Matteo antwortete auf keine von Johannes SMS. Am nächsten Tag war bereits Johannes Abreisetag. Als er am Flughafen in der Schlange zur Gepäckkontrolle stand, schob er mit dem Fuß seine Tasche immer dann ein Stück weiter nach vorne, sobald wieder eine Lücke zu seinem Vordermann entstanden war und hielt dabei sein Telefon fest in der Hand. Denn er las alle Nachrichten von Matteo und die, die er ihm geschickt hatte, erneut durch. Er konnte aber bei keiner Zeile erkennen, dass er sich unglücklich ausgedrückt hätte. Als Johannes beim Gate seines Fluges angelangt war, löschte er Matteos Kontaktdaten. Nun war es ihm nicht mehr möglich nachzufagen, was denn geschehen sei.
Kultur # 5 (Freundin: Nichts bringt mich so sehr … wie Arbeit)
Kultur # 5
Eine Freundin erzählt mir, dass sie gerade ihre alten Tagebücher wieder liest, und dass sie dort folgenden Satz gefunden hat: „Nichts bringt mich so sehr aus dem Gleichgewicht wie ein Tag Arbeit.“
Du # 2 (Die Aussicht…)
Du # 2
Die Aussicht, die ich nie wollte.