Kultur # 57 (EUR=)

 

Kultur # 57

EUR =
Elvira Umgarnt Rauschgiftverkäufer
Erwin Untersagt Rumknutschen
Eisheilige Umgehen Rheinhessen
Egozentriker Unterbricht Regelmässig
Entsetzliche Unbehaglichkeit Riechbar
Ehemänner Umschwärmen Rasch
Erbärmliche Ungereimtheiten Rechtfertigen
Einsame Unterfüttern Röcke
Elendiges Unausgefülltsein Rauskatapultieren
Entnervende Urlaubstage Runterschlucken
Einzelnes Unwetter Randaliert
Ehe Umwerfend Robust

 

 

Alltag # 90 (Katze aufpassen Sofa und das Sofa)

Alltag # 90

Marie verlangsamt ihr Tempo um angenehmer die Treppen hochsteigen zu können. Sie will in den vierten Stock. Milena ist verreist und jetzt wird sie auf ihren Kater aufpassen und bei ihr wohnen. Marie soll ihm Futter geben und ihn unterhalten. Denn Milena findet, dass der Kater jetzt, wo er alt ist, besonders viel Zuspruch braucht. Auch glaubt sie, dass er länger lebt, wenn sie ihm viel Gutes tut und seinen Tod will sie noch so lange wie möglich hinauszögern. Früher hat sie Mr. Gray einfach von ihrer Nachbarin versorgen lassen, wenn sie weg musste. Die hat ihm dann zweimal am Tag Futter hingestellt und die restliche Zeit war er alleine in der Wohnung. Das hat Milena zugelassen, ohne mit der Wimper zu zucken. Aber jetzt nimmt sie mehr Rücksicht auf ihn. Jetzt will sie ihm keinen zusätzlichen Stress zumuten und ihn in bester Gesellschaft wissen. Deshalb sollte Marie anreisen. Marie wollte aber nicht wegen einem alten Kater drei Tage frei nehmen und hat versucht Milenas Bitte auszuschlagen. Ist aber nach zwei Minuten eingeknickt. Marie steckt den Reserveschlüssel, den ihr Milena per Post zugeschickt hat, ins Schloss und öffnet die Tür. Von Mr. Grey ist nichts zu sehen, auch nichts zu hören. Kater haben keine Willkommenskultur, denkt Marie, und stellt ihre Reisetasche ab. Sie zieht ihren Mantel aus, hängt ihn an der Garderobe auf, geht den Flur entlang und wirft einen Blick ins Wohnzimmer. Auch dort ist nichts von Mr. Grey zu sehen. Aber ein Sofa! Und was für eines! Milena hat sich also ein neues geleistet. Ein besonders schönes Exemplar. Marie kann den Blick nicht vom Sofa lösen, so gut gefällt es ihr. Auch, weil es so groß ist. Auf dem Sofa, das bei ihr zu Hause steht, kann sie nicht einmal die Beine ausstrecken. Es ist bloß ein 2-Sitzer und ein größeres würde auch nicht in ihr Wohnzimmer passen. Aber das hier ist ein 4-Sitzer. Da könnten auch zwei Leute drauf liegen und bequem ihre Beine ausstrecken. Marie streift ihre Schuhe ab, geht zum Sofa, lächelt es an, streckt die Hand aus und streift in langen Zügen über die Polsterung. Ihre Lieblingsart etwas zu begrüßen. Mit Streicheleinheiten. Der Stoff fühlt sich gut an, denkt Marie, sehr gut. Dann greift sie nach ein paar kleinen quadratischen Kissen und wirft sie vor eine der beiden Armlehnen. Dort werden ihre Füße liegen. Wunderbar, denkt Marie, und gibt sich ihrer Begeisterung ganz hin. Ihre Begeisterung für Sofas ist nicht ganz neu. In letzter Zeit, wenn sie bei Freunden zum Essen eingeladen ist, kommt sie immer an den Punkt, an dem sie ihren Freunden die Frage stellt, ob sie sich noch auf ihr Sofa legen darf. Meistens ist das möglich und dann bleibt sie da liegen, so lang es geht. Also bis sie wieder nach Hause muss oder von ihren Freunden rausgeworfen wird. Ein Sofa, denkt Marie, ist wie ein Kunstwerk, man braucht es nicht zum Überleben aber es verschönert und erleichtert einem vieles. Marie hat vor, mit dem Kopf auf der Armlehne zu liegen, die vom Fenster abgewandt ist, damit sie die Tür im Auge behalten kann. Das möchte sie wegen Mr. Grey, falls es ihm doch noch mal einfällt, nachzusehen, wer angekommen ist. Marie setzt sich mittig auf das Sofa, zieht die Beine hoch, schwingt sie nach links und streckt sich der Länge nach aus. Die Polsterung heißt sie, wie zu erwarten war, willkommen. So willkommen, dass sie auch gleich noch die Nacht hier verbringen will. Was soll ich auch in einem Gästezimmer, denkt sie, wenn es hier so ein wunderschönes Möbelstück gibt. Das letzte Mal hatte Marie im Gästezimmer übernachtet. In einem engen schlauchartigen Raum mit einem Stockbett drin. Sofas sind viel magischer. Von einem Sofa fühle ich mich umarmt, von einem Bett nicht. Marie hofft, dass das Sofa ihren Geruch mag und schmiegt sich an die Rückenlehne. Dass das Sofa diese verschlossene Seite hat, gefällt ihr. Rückenlehnen sind für sie ein perfekter Schutzwall. Sobald etwas da ist, was ihr Halt gibt, imponiert ihr das immer. Marie legt ihre Hände neben sich und ist beglückt. Sie lungert am helllichten Tag auf einem Sofa herum, nimmt sich von allem frei. Vernachlässigt ihre To-Do-Listen und gönnt auch den Schuldgefühlen eine Pause. Ich fühle mich gerade so, als dürfte ich das Leben schwänzen, denkt sie. Wie schön das ist, wenn alle Ansprüche von einem abfallen, wenn man sich von allem entbunden fühlt, auch von sich selbst. Marie spürt wie Dankbarkeit in ihr aufsteigt, durch ihre Adern strömt und ihren Körper wärmt. Ihr Rumpf, ihre Beine, ihre Arme, ihr Kopf, fühlen sich durchbluteter an. Dass Milena ausgerechnet mir diesen Auftrag erteilt hat und niemand anderem, freut mich nun doch, denkt Marie. Und wie gut sich das gefügt hat, dass ich auch ihre Bitte nicht habe ausschlagen können. Nun stehen mir drei wunderschöne Tage auf dem Sofa bevor. Eine köstliche Zeit. Diese Vorstellung stimmt Marie heiter. Sie schließt die Augen und hört ein Miauen. Sie glaubt, es kommt aus der Küche. Es ist Mittag. Bestimmt hat Mr. Grey Hunger. Bald, denkt Marie, werde ich aufstehen und zu dir kommen. Versprochen.

 

"

Abgehört # 38 (Idefix nach der Trennung…)

Abgehört # 38

»Seit der Trennung werfe ich gerne einen Blick auf Idefix. Er steht bei mir auf dem Nachttisch. Idefix als Spardose. Ein cooles Designerstück aus den siebziger Jahren. Ich habe es auf dem Flohmarkt erstanden. Der optimistisch dreinblickende weiße Hund mit der schwarzen Nase, der knallroten Zunge und den weit nach oben ragenden Ohren und natürlich auch sein geknicktes Ohr, machen mir wieder gute Laune.«

 

Lebensentwürfe # 31 (Beate trennt sich von Klaus …)

Lebensentwürfe # 31

Marie läuft mit der Masse durch die Ankunftshalle Richtung Ausgang. Es werden Durchsagen gemacht, keine betrifft sie. Das Gewicht ihrer Reisetasche lastet auf der rechten Schulter. Sie hängt sie um, den Riemen auf die linke Seite. Im Gehen. Sie will keine Zeit verlieren. Endlich sieht sie die Rolltreppe. Marie lässt sich nach unten fahren und spürt ihre trockenen Lippen. Von der Luft im Flugzeug. Der obere und untere Rand brennen. Im mittleren Teil stehen Hautfetzen ab. Marie zupft sich ein paar von den abstehenden Teilen ab und lässt sie in den Spalten der Rolltreppe verschwinden. Dann befeuchtet sie ihre Lippen mit der Zunge. Speichel hilft aber nicht mehr. Fett wäre besser. Sie bräuchte ihren Balsam, der in ihrem Kulturbeutel liegt. Gerade als sie sich entscheidet in ihrer Tasche nach ihm zu kramen, entdeckt sie ein paar Stufen unterhalb von ihr, Beate. Sie weiß, dass es nur sie sein kann. Der teure und nachhaltige Kleidungsstil. Die gut geschnittenen Haare und die Art, wie sie dasteht. So überaus selbstbewusst. Beate würde man sofort einen hohen Posten anbieten und sie würde ihn auch managen. Nicht so wie ich, denkt Marie. Sie steigt die paar Stufen nach unten und tippt Beate auf die Schulter. Beate dreht sich um. »Das darf doch nicht wahr sein, was für ein Zufall! Treffen wir uns ausgerechnet hier am Flughafen! Wie gehts dir denn?« Marie schlägt vor, in den nächsten Tagen mal zu telefonieren, denn jetzt müsse sie schnell den Regionalexpress erwischen. Beate unterbricht sie: »Das kommt überhaupt nicht in Frage, wir nehmen dich im Auto mit. Klaus wartet schon auf dem Parkplatz!« Marie protestiert, sie wohnt in einem ganz anderen Stadtteil als die beiden. Beate hakt sich bei Marie unter und sagt: »Du büchst mir jetzt nicht aus, nachdem wir uns so lange nicht gesehen haben! Klaus fährt dich gerne nach Hause. Basta!« Beate zieht sie Richtung Parkplatz und Marie gibt ihr Widerstreben auf. »Stell dir vor«, sagt Beate, »ich komme gerade aus Paris. Ich habe dort zehn wundervolle Tage mit meinem Geliebten verbracht. Weißt du, diese Tage waren für uns eine Art Testlauf. In einem gemeinsamen Urlaub kann man am besten herausfinden, ob man gut zusammen passt. Und nun finden wir, dass das Aussicht auf was Festes hat. Ich bin so aufgeregt. Sobald wir dich nach Hause gebracht haben, werde ich Klaus sagen, dass ich die Scheidung einreiche und morgen zieh ich dann erst einmal zu einer Freundin nach Hamburg.« Marie sieht in Beates fröhliches Gesicht und registriert ihren Lippenstift. Er ist perfekt aufgetragen. Nicht einmal der kleinste abstehende Hautfetzen ist zu sehen. Wie immer. Beate zwinkert Marie zu und steuert einen dunkelblauen Audi an. Klaus steigt aus, begrüßt Marie erfreut und schnappt sich dann Beates großen Koffer. Beate macht ebenfalls einen Schritt auf den Kofferraum zu, um ihre Duty-Free Tüte zu verstauen. Beates und Klaus’ Hand kommen sich nahe. Für einen kurzen Moment glaubt Marie, dass gleich ihre Eheringe gegeneinander stoßen und dann aufplatzen, weil sie es auch schon wissen. Auf Maries Unterarmen stellen sich Haare auf. Beate lässt Klaus wissen, dass sie Marie nach Hause fahren werden. Klaus nickt und sagt: »Das machen wir doch gerne, gib mir deine Tasche, ich verstaue sie auch im Kofferraum!« Nachdem Klaus den Kofferraumdeckel zugeschlagen hat, streichelt er Beate sanft über den Rücken. Marie wird rot. Es ist ihr sehr unangenehm, Komplizin zu sein. Klaus geht seitlich am Auto entlang und öffnet Beate die Beifahrertür. Marie öffnet sich selbst die Tür und steigt hinten ein. Während Klaus zur Fahrertür geht, muss sie ununterbrochen daran denken, was ihm heute noch bevorsteht. Sie würde ihm gerne helfen. Klaus steigt ein, schnallt sich an, fährt los, und fragt Beate, wie es in Paris war. Marie starrt auf das Display ihres Telefons und hätte jetzt gerne ihre Kopfhörer da. Die könnte sie sich aufsetzen. Sich einfach die Ohren zuhalten dürfen nur Kinder.

 

>	</div><!-- .entry-content -->

</article><!-- #post-## -->

			
			
		
		</main><!-- #main -->
	</div><!-- #primary -->


<div id=