Über die Jahre haben sich bei Marie viele Visitenkarten angesammelt. Die meisten davon wurden ihr ungefragt in die Hand gedrückt. Findet Marie sie interessant, verstaut sie sie in ihrem Geldbeutel. Leert sie zu Hause ihr Portemonnaie aus, weil es zu dick geworden ist, nimmt sie auch die Visitenkarten heraus und trägt sie zu den anderen Visitenkarten, die sich in ihrem Arbeitszimmer befinden. Meistens wirft sie dabei noch einen Blick auf die Karten, erinnert sich an die Übergabesituationen und denkt: Es ist gut, dass ich diese Kontakte habe. Jetzt kann ich mich melden, wie schön. Dann öffnet sie die Schublade und das kleinste Päckchen bekommt die neuen Visitenkarten zugesteckt. Bei Marie liegen inzwischen drei Päckchen Visitenkarten. Sie werden nach keinem Schema geordnet. Nur mit einem Haushaltsgummi zusammengehalten. Und in der Schublade bleiben sie dann liegen. Sie werden nicht weggeworfen. Manchmal kommt es vor, dass Marie nach ein paar Jahren, eines der Päckchen aus der Schublade nimmt, den Haushaltsgummi abzieht und sich die Kärtchen ansieht. Dann liest sie die Telefonnummern, die Vor- und Nachnamen, die E-Mail Adressen, die Städtenamen, die Strassennamen und ihr fällt nichts dazu ein. Keine Situation. Keine Person. Kein Jahr. Kein Umstand. Nichts aus ihrer Vergangenheit passt zu einer von diesen Karten und das erschreckt sie. Hat der Schreck nachgelassen, zieht sie den Gummi wieder über das Päckchen und fragt sich, ob das Bedürfnis noch einmal auftauchen wird, sich diese Menschen wieder näher zu bringen.