Wünsche # 7
Sebastian öffnet die Wohnungstür. Er weiß bereits, wer vor der Tür stehen wird. Marie. Sie hatte ihn vor einer halben Stunde angerufen und gefragt, ob sie vorbei kommen könne. Sebastian nimmt zuerst Maries Gesichtsausdruck wahr, wie aufgebracht sie aussieht, und sieht dann erst den Blumenstrauß, den sie ihm entgegenstreckt. Sebastian bittet sie herein. Marie zieht gar nicht erst die Jacke aus, geht gleich in die Küche, setzt sich an den Tisch und sagt: »Ich halte das einfach nicht mehr aus, Oliver will mich jetzt nur noch einmal die Woche sehen?« Marie hebt ihre Hand und fährt sich hektisch durch die Haare. Sebastian stellt Marie ein Glas Leitungswasser hin und ein kleines Fläschchen mit Baldriantropfen. Marie träufelt sich gehorsam welche ins Glas und trinkt. Sebastian geht zum Regal, greift nach der roten Vase, die Marie ihm einmal zum Geburtstag geschenkt hat und arragiert die Blumen in der Vase. Marie sagt: »Ich verstehe das einfach nicht! Ich dachte, er ist genauso verliebt wie ich!« Sebastian gießt sich selbst auch Leitungswasser ein und öffnet dann noch eine Packung Cashewkerne mit getrockneten Cranberries. Marie seufzt und sagt: »Ich kann doch nicht zu einem Anwalt gehen, nur weil mir einmal die Woche nicht reicht? Und eine andere Idee habe ich nicht!« Sebastian schüttet die Packung in eine kleine Holzschale und setzt sich zu Marie an den Tisch. Marie stampft mit dem Fuß auf den Boden und sagt: »Warum können meine Gefühle nicht einfach fließen, wenn ich sie schon einmal gefunden habe. Außerdem stelle ich mir unentwegt Fragen, die von der übelsten Sorte und kann deswegen nachts schon nicht mehr schlafen.« Sebastian nimmt einen Schluck Leitungswasser und sagt nichts. Marie beginnt zu weinen. »Ich hasse mich. Anscheinend bin nur ich wieder so bedürftig!« Sebastian steht auf, zieht Papier von der Küchenrolle, reißt es ab und reicht es Marie. Marie schnäuzt sich und sagt: »Es kann doch nicht so schlimm sein, sich öfter als nur einmal die Woche zu sehen? Als wir uns kennengelernt haben ging das doch auch!« Sebastian scheffelt sich Cashewkerne und Cranberries in die Hand. Marie sieht Sebastian an: »Jetzt sag doch auch mal was! Du bist doch immer derjenige mit dem Überblick und dem Psychogespür.« Sebastian kippt die Chashewkerne samt den Cranberries zurück in die Schale. Vor Maries Augen etwas zu verschlingen, was ihm so gut schmeckt, kommt ihm jetzt herzlos vor. Aus Maries Augen kullern erneut Tränen, groß wie Cranberries. Sebastin schweigt immer noch. Marie tupft sich die Tränen mit dem Papier von der Küchenrolle ab. Sebastian kennt Oliver nicht. Aber Johannes. Mit ihm ist er seit vielen Jahren befreundet. Eine größere Verbundenheit spürt er aber mit Marie. Johannes geht auch mit Oliver ins Bett. Um genau zu sein, seit drei Wochen, zweimal pro Woche. Und Johannes ist deswegen im Glück.