Ich # 30
Gestern habe ich mich gefragt, was ich in Berlin Moabit für einen Sinn mache. Heute frage ich mich das auch noch.
Gestern habe ich mich gefragt, was ich in Berlin Moabit für einen Sinn mache. Heute frage ich mich das auch noch.
Ich wäre froh, wenn ich im Flugzeug im Sitzen einschlafen könnte, weil das hieße, dass ich gelernt habe, wie ich die Umwelt aus meinem Beobachtungszwang entlassen kann.
Heute bin ich einem Gefühl begegnet, das meinen Gesichtsausdruck vollständig entgleisen hat lassen.
Ich habe noch nicht mal annähernd die Erschöpfungen aufgebraucht, die sich wegen Dir in diesem Monat angestaut haben.
Freude entsteht:
– Wenn ich barfuss durch die Wohnung laufen kann.
– Wenn ich eine schöne Tasche sehe und eine Freundin sagt: Komm, ich zahl dir die Hälfte.
– Wenn ich die fettige Pfanne gleich nach dem Essen abspüle.
– Wenn jemand der mir nahesteht zu mir sagt: Komm lass uns für einen Tag ans Meer fahren.
– Wenn die mir von C. geschenkte Wollmütze endlich von Motten zerfressen wird.
– Wenn ich mit der U-Bahn zu weit gefahren bin und beim Umsteigen nur auf die andere Seite des Bahnsteigs gehen muss.
– Wenn ich höre, dass Frauen nun zu Männern Fotze sagen.
Ich höre mir die Wünsche der anderen an: Ein Haus auf dem Land kaufen. Ein Motorboot mit Elektromotor erwerben. Ein Kind zeugen. Drei Monate lang die Welt bereisen. Ein Sabbatical nehmen. Proust im Original lesen. Mein Wunsch: Mich gleich noch einmal ins Bett zu legen.
Heute ist mein freier Tag. Sechzehn Stunden stehen mir zur freien Verfügung. Aber ich nutze sie nicht. Und am Abend werde ich mich dann wieder fragen: Wieso eigentlich nicht.
Mir ist nach einer Performance: Ich möchte im Supermarkt jede Schachtel, jede Konservendose, jedes Glas, jede verschweißte Tüte öffnen. Alle Gerüche, die sich dahinter verbergen auf einmal freilassen. Die Regisseurin einer Duftaufführung sein.
Ich bandle mit einem Handtuch an. Das Handtuch darf ganz nah an mich heran.